Wenn ein Fernsprechteilnehmer die genaue Uhrzeit wissen wollte, rief dieser das handvermittelte Orts- bzw. Fernamt an. Die Uhrzeit wurde dann gebührenpflichtig dem Teilnehmer mitgeteilt. 1935 wurde in Berlin erstmalig ein automatisches Zeitansagegerät in Betrieb genommen. Somit war es möglich zu jeder Zeit die genaue Uhrzeit mitgeteilt zu bekommen, man musste nur die entsprechende Rufnummer der Zeitansage anwählen. Nach dem Probebetrieb in Berlin wurde in den folgenden Jahren bei vielen großen Telegrafenämtern Zeitansagegeräte installiert. Im Volksmund erhielt die Zeitansage schnell den Namen „eiserne Jungfrau„. Der Hintergrund zu diesem Namen war, dass die Damen an den Vermittlungsschränken bei der Deutschen Reichspost unverheiratet, also Jungfrau, sein mussten. Bei einer Heirat traten die Damen automatisch aus dem Dienst aus, um sich der Familie zu widmen. Daher hat dieses Gerät auch nichts mit dem mittelalterlichen Folterinstrument zu tun.
Rechts ist unser automatisches Zeitansagegerät zu sehen. Es wurde im Jahre 1939 von der Firma Siemens & Halske, Berlin hergestellt. In Bremen wurde am 1938 ein baugleiches Ansagegerät im Wählamt „Domsheide“, welches sich im Hauptpostamt befand, in Betreb genommen.
Die Sprache für die Zeitansage ist auf einem Zelluloid-Film, wie er auch in der Kinotechnik verwendet wird, gespeichert. Dieser Film ist auf eine rotierende Trommel gespannt, welche über einen 60 V-Motor ständig angetrieben wird. Auf dem Zelluloid-Film befinden sich auf der linken Seite 24 Tonspuren für die Stunden und auf der rechten Seite 60 Tonspuren für die Minuten. Die Tonspuren werden mit dem sogenannten Lichttonverfahen abgetastet. Dazu befinden sich an der rechten Seite des Gerätes jeweils eine 12 V „Tonlampe“ für die Abtastung der Stunden und Minuten. Sie sind durch einen rechteckigen Schacht abgedeckt, um Fremdlichteinstreuungen zu vermeiden. Die Lampen erzeugen ein starkes Licht, welches durch ein Rohr auf ein Prisma geleitet wird. Dort wird es um 90 Grad umgelenkt und auf den Zelluloidfilm mit dem Lichtton projiziert, welcher je nach Amplitude und Frequenz des aufgezeichneten Tonsignals mehr oder weniger viel Licht durchlässt. Das reflektierte Licht wechselnder Stärke fällt auf eine Fotozelle, die gegenüber vom Film befestigt ist. Die Fotozelle wandelt die Lichtreflexionen in ein analoges Wechselspannungssignal, welches über einen Röhrenverstärker verstärkt und danach den Anrufübertragungen für die Zeitansage zugeführt wird. Es kommt hier das sogenannte Amplitudenverfahren, auch Zackenschrift genannt, zur Anwendung. Das rechte Bild zeigt die rotierende Trommel mit dem oben beschriebenen Zelluloid-Film. Links unten erkennt man die Fotozelle für die Stundenabtastung, rechts oben die für die Minutenabtastung.
Die Fotozellen sind jeweils auf einem beweglichen Schlitten angebracht, welcher durch eine exzentrische Scheibe bewegt wird. Diese Scheiben sind jeweils oben rechts und unten links in der rechten Abbildung zu sehen. Links und rechts von der rotierenden Trommel befindet sich auf der Achse jeweils eine Kupplung. In diese wird bei Bedarf die Exzenterscheibe für die Minuten- bzw. Stundenfotozelle eingekuppelt. Das Einkuppeln wird durch einen Kraftmagneten gesteuert. Dieser ist im oberen Bild auf der linken Seite unter der Achse zu erkennen. Die Kraftmagnete werden durch Relais, welche widerum durch eine Hauptuhr Modell Siemens U hptu 47 angesteuert werden, in Betrieb gesetzt.